Im Jahr 2012 wurden in Deutschland 1,2 Millionen digitale Spiegelreflex- und Systemkameras für durchschnittlich jeweils über 600 verkauft (nach Angaben des Photoindustrie-Verbands e.V.) Jedes Jahr werden diese Zahlen größer. Bedeutet das aber auch, dass es immer mehr ambitionierte Fotografen gibt, und spiegelt sich der technische und finanzielle Aufwand in der Menge hochwertiger Fotos wider?
Das führt zu der Frage: Was ist für ein gutes Foto nötig? Sicher kommt es auf die gestalterischen und technischen Fähigkeiten des Fotografen an, und auch die verwendete Technik hat einen Einfluss. Aber wie groß ist dieser Einfluss wirklich, benötigt man immer die neueste Ausrüstung, die der Markt bietet? Wir möchten mit unserer Ausstellung zeigen, dass die Auseinandersetzung mit dem Medium Fotografie wichtiger ist als die eingesetzte Kameratechnik.
Nun hätten wir anstelle der neuesten digitalen Spiegelreflex- Kameras vieles verwenden können: Digitalkameras im Hosentaschenformat, analoge Wegwerfkameras, selbst Mobiltelefone.Wir haben uns aber für alte analoge Mittelformatkameras entschieden, die heute für wenig Geld auf dem Flohmarkt zu finden sind.
Daraus ergab sich die Notwendigkeit, das Entwickeln von Filmen und Vergrößern von Negativen zu erlernen. Wir haben uns nach dem Fotografieren also nicht an den Rechner gesetzt, sondern in der Dunkelkammer mit Licht und chemischen Substanzen gearbeitet. Es ist immer wieder faszinierend, wenn sich im Entwickler das Bild auf dem Fotopapier manifestiert und Abzüge wie die ausgestellten unmittelbar unter den eigenen Händen entstehen.
Wieviel Kamera braucht man also? Keineswegs viel, im Gegenteil: Je weniger man sich an der Technik berauscht, desto mehr kann man das Bildermachen genießen. Je mehr man über das Foto reflektiert und je weniger Denkarbeit man der Kamera überlässt, desto mehr lernt man über Fotografie, und das Bild gewinnt.
Von den in einem Rahmen gezeigten Fotos wurde jeweils eines mit einer alten Analogkamera aufgenommen, das andere zeigt genau diese Kamera in einem passenden Kontext und wurde ebenfalls analog aufgenommen und weiterverarbeitet. Alle eingesetzten Kameras arbeiten mit 120er Rollfilmen, für die Abzüge haben wir Schwarzweiß-Barytpapier verwendet, und einige der Bilder verdanken ihren Farbton der Entwicklungstechnik oder nachträglicher chemischer Tonung. Dabei war es übrigens sehr interessant zu sehen, wie die meisten bekannten digitalen Bildbearbeitungstechniken der Arbeit in der analogen Dunkelkammer entspringen.
Wir möchten an dieser Stelle dem Jenaer Fotoclub und dem Christlichen Gymnasium danken, deren Fotolabor wir benutzt haben.


Jens Polz & Thomas Lotze
Jena, im Januar 2014